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Incoterms® 2020 für KMU: Risiko, Kosten und die richtigen Klauseln

Ich berate Unternehmen zu grenzüberschreitendem Verkauf und Logistik. Im Folgenden erkläre ich, wie die Incoterms® 2020 Risiko und Kosten verschieben, welche Klauseln für KMU sinnvoll sind und wie Sie die häufigsten Fallen vermeiden.

Warum das wichtig ist

Incoterms regeln zwei Dinge: wer welchen Transportabschnitt zahlt und wann das Risiko vom Verkäufer auf den Käufer übergeht. Falsche Wahl heißt: unerwartete Kosten oder zu langes Risiko. Die Lösung: richtige Regel wählen, sauber benennen und Vertrag sowie Versicherung daran ausrichten.

Essentials in einer Minute

  • Risiko ≠ Kosten. Risiko wechselt an einem im Term definierten Punkt; Kosten folgen der Aufteilung – das ist nicht immer derselbe Moment.
  • Incoterms regeln nicht Zahlung, Eigentum oder Vertragsbruch – das steht im Kaufvertrag.
  • Immer Ort/Port + „Incoterms® 2020“ angeben. Beispiel: „CIF Santos, Incoterms® 2020“.
  • Zwei Familien: alle Verkehrsträger (EXW, FCA, CPT, CIP, DAP, DPU, DDP) und nur See/Binnenschiff (FAS, FOB, CFR, CIF).

Die sieben Klauseln, die KMU tatsächlich nutzen

EXW — Ex Works (Betrieb des Verkäufers)

Risiko: geht über, wenn die Ware zur Verfügung gestellt wird. Gut für: inländische Abholung. Falle: schwach für Export; Käufer kann Ausfuhrformalitäten schwer erledigen. Für Export empfehle ich selten EXW.

FCA — Free Carrier (benannter Ort)

Risiko: bei Übergabe an den Frachtführer am benannten Ort. Gut für: die meisten Container-Sendungen. Tipp: Übergabepunkt genau nennen (z. B. „FCA Hamburg Depot, Incoterms® 2020“).

FOB — Free On Board (verschiffender Hafen) — nur Schiff

Risiko: sobald die Ware an Bord ist. Gut für: Bulk oder Nicht-Container. Falle: nicht für Container verwenden; stattdessen FCA.

CFR — Cost and Freight (Bestimmungshafen) — nur Schiff

Risiko: beim An-Bord im Abgangshafen. Verkäufer zahlt Fracht bis Zielhafen. Versicherung: Sache des Käufers (außer bei CIF).

CIF — Cost, Insurance and Freight (Bestimmungshafen) — nur Schiff

Wie CFR, aber mit Verkäufer-Versicherung. Mindestdeckung zugunsten des Käufers. Falle: Risiko nur bis „on board“, nicht bis Zielhafen – häufige Verwechslung.

DAP — Delivered At Place (benannter Bestimmungsort)

Risiko: bei Ankunft, entladebereit. Gut für: Door-to-door, wenn Käufer importiert. Tipp: Ort exakt nennen (z. B. „DAP Käuferlager Lyon“).

DDP — Delivered Duty Paid (benannter Bestimmungsort)

Verkäufer übernimmt alles, inkl. Importabfertigung und Abgaben. Falle: Steuern/Registrierungen/indirekte Abgaben – nur nutzen, wenn Import-Compliance gesichert ist.

Die Wahl: einfache Karte

  • Container? FCA (Übergabe an ersten Carrier) oder CPT/CIP (Verkäufer zahlt Hauptlauf; CIP mit höherer Versicherung).
  • Bulk/Nicht-Container, Schiffsverladung? FOB/CFR/CIF.
  • „Landed“-Preis, Import beim Käufer? DAP.
  • Sie übernehmen Import & Abgaben? DDP (nur mit Compliance-Kontrolle).
  • Lokale Abholung? EXW (Inland). Für Export: FCA.

Risikopunkte & Versicherung (sauber ausrichten)

  • Liefer-/Risikopunkt im Vertrag schreiben. Beispiel: „Risikoübergang bei Übergabe an ersten Carrier am FCA Hamburg Depot“.
  • Transportversicherung anpassen. Unter CIF/CIP versichert der Verkäufer zugunsten des Käufers; sonst klar regeln, wer versichert und in welcher Höhe.
  • Keine Doppelpflichten. Bei DAP nicht zusätzlich Importzusagen geben.

Häufige Fallstricke

  • FOB für Container. Besser FCA.
  • Benannter Ort/Hafen fehlt. „DAP“ allein ist unvollständig; Ort präzisieren.
  • Kosten = Risiko? Falsch. Bei CIF wechselt Risiko im Abgangshafen; Frachtkosten laufen bis Ziel.
  • DDP ohne Struktur vor Ort. Steuern/Registrierungen können die Lieferung blockieren.
  • Incoterms „regeln alles“. Nein: Zahlung, Eigentum, Sanktionen, Garantien → Kaufvertrag.

Meine kurze Checkliste

  • Term passend zum Modus (FCA für Container; FOB/CFR/CIF für Bulk).
  • Ort/Hafen präzise + „Incoterms® 2020“.
  • Risikoklausel im Vertrag passend zum Term.
  • Versicherung am Risikopunkt ausrichten.
  • Keine Doppelzusagen (v. a. bei DAP/DDP).
  • Rechnung/Packing List/Dokumente konsistent mit dem Term.

FAQs

Regeln Incoterms, wer Steuern zahlt?

Nicht direkt. Sie regeln Transport- und Abfertigungsverantwortung. Steuern/Abgaben gehören in Vertrag + Zollberatung.

Kann ich CIF für Luftfracht nutzen?

Nein. CIF/CFR/FOB sind maritim. Für Luftfracht: FCA/CPT/CIP.

Ist EXW immer schlecht?

Für inländische Abholung ok. Für Export bevorzuge ich FCA, weil der Exporteur die Ausfuhr steuert.

Muss „Incoterms® 2020“ genannt werden?

Ja. Version immer angeben.

Vereinbaren Sie eine persönliche Beratung. Ich prüfe Ihren Auftrag, wähle den passenden Incoterm, gleiche Versicherung & Dokumente ab und reduziere Verzögerungen und Streit.

Weiterführend

Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.

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